Verwandtenselektion (englisch kin selection; auch: Sippenselektion) bezeichnet in der Evolutions- und Soziobiologie eine Erweiterung der Theorien der natürlichen Auslese (biologischen Selektion). Im Rahmen der Theorie der Gesamtfitness (vergleiche biologische Fitness) will die Verwandtenselektion eine Erklärung liefern für die Vererbung von kooperativem und selbstlosem Verhalten zwischen Lebewesen. Wenn beispielsweise ein Tier seinen Verwandten dabei hilft, ihre Nachkommen aufzuziehen, fördere dies das Weiterbestehen und die zukünftige Verbreitung seiner eigenen Erbinformationen.
Das Ausmaß an selbstlosem Verhalten (Altruismus) richtet sich dabei nach dem Verwandtschaftskoeffizienten (Grad der Verwandtschaft): Je enger Tiere miteinander verwandt sind, desto häufiger ist selbstloses Verhalten anzutreffen. Erklärt wird diese Tatsache mit der höheren Wahrscheinlichkeit, durch Verwandtenhilfe die eigenen Gene in nachfolgenden Generationen weiterbestehen zu lassen. Die Theorie der Verwandtenselektion wurde von den britischen Theoretischen Biologen John Maynard Smith (1964) und William D. Hamilton entwickelt. Sie wird aber auch in Frage gestellt (siehe unten).